Biografische Notizen und Texte
Anton Kitzmüller wurde 1966 in Linz geboren. Seine künstlerische
Ausbildung begann er 1984 beim akad. Maler Fritz Feichtinger. Von 1985 bis 1986 studierte
Kitzmüller Malerei und Grafik an der Universität für künstlerische und
industrielle Gestaltung in Linz. In dieser Zeit stand er mit Künstlerpersönlichkeiten wie Fritz Aigner, Ernst Fuchs,
Karl Korab und Ludwig Schwarzer in Verbindung. Von 1986 bis 1889
studierte Anton Kitzmüller Malerei und Grafik in der Meisterklasse von
Prof. Wolfgang Hutter an der Universität für
angewandte Kunst in Wien. Nach dem Abschluss des Studiums eröffnete er
sein Atelier in St. Florian bei Linz.
Seine Arbeiten wurden in über 250 Ausstellungen in Galerien, Museen und auf Kunstmessen vor allem in Österreich, Deutschland und den Niederlanden, aber auch in der Schweiz, Frankreich, Italien, Polen, Belgien, Spanien und den Vereinigten Staaten gezeigt. Sie befinden sich in angesehenen öffentlichen und privaten Sammlungen, wie der Sammlung Rudolf Leopold, Museum Leopold Wien oder der Sammlung Leonie von Rüxleben, Museum St. Annen Lübeck.
Nach seinen Studien an der
Universität für künstlerische Gestaltung in Linz und sowie an der
Universität für angewandte Kunst in Wien entwickelte sich Anton Kitzmüller
zu einer eigenständigen Künstlerpersönlichkeit, deren Werk bewusst nicht dem öffentlichen Modediktat huldigt.
In formaler Hinsicht kann Kitzmüller vielmehr als Brückenbauer zwischen den
Zeiten gesehen werden. In den letzten drei Jahren hat er seine Malerei noch
einmal weiterentwickelt: Dominierten bis 2018 klare Formen, so sind die
jüngsten Arbeiten durch dynamisch-strukturierte Texturen geprägt.
Dass Anton
Kitzmüller ein wahrer Meister des Lichts ist, belegen die im Rahmen der Fair for
Art Vienna präsentierten Werke sehr eindrucksvoll. Das Geheimnis ist, wie der
Künstler erläutert, eine besondere Technik. Er malt nur mit wenigen Farben,
trägt jedoch
mehrere dünne Farbschichten auf. Erst durch Überlagerung entstehen die
vielfältigen Farbnuancen, und genau auf diese
Weise ergibt sich die für seine Werke typische Leuchtkraft.
Aus Katalog "Fair for Art Vienna",
Galerie Szaal 2022
Das Streben nach neuen
ästhetischen Visionen ist eines der wichtigsten Merkmale im Oeuvre von Anton
Kitzmüller. Dieses setzt die Tradition der Malerei fort, indem es neue
Möglichkeiten erforscht und Synthesen auf Grundlage der Vergangenheit
formuliert. Kitzmüllers Schaffen bewegt sich so im Spannungsfeld zwischen
altmeisterlicher Technik und zeitgenössischer Thematik und nimmt dabei auch
immer wieder Bezug auf die Klassische Moderne. Es beleuchtet alternative
Sichtweisen auf die sich im Zeitstrom verändernde Welt und unsere kulturelle
Identität.
Anton Kitzmüllers Werk umfasst drei große Themenkomplexe: Interieur,
Landschaft und Figuration. Diese zeigen sich auch in den neuen Arbeiten,
wollen aber weder literarisch noch phantastisch, sondern nach einem
individuellen Konzept poetisch sein. Bei den Landschaften nimmt das Motiv
des „Weges“ als Symbol für unser sich sukzessive entfaltendes Leben einen
zentralen Stellenwert ein, wobei der Künstler meist neutrale Orte für seine
Bildschöpfungen nimmt. Eine Ausnahme stellen hier die „Allee in Schönbrunn“
sowie seine Städtebilder dar, in denen konkrete Straßenzüge wie die
Bäckerstrasse oder die Kleeblattgasse zum
Ausgangspunkt werden.
Auch gänzlich neue Themen bereichern nun Kitzmüllers Schaffen: Waren seine
Arbeiten bisher von Frauendarstellungen und Tanzpaaren dominiert, so finden
sich nun etwas ein Berg, eine Dame mit Fahrrad ebenso wie Männer und Kinder,
während Vögel die Sehnsucht nach der Freiheit des Fliegens widerspiegeln.
Der Tanz als Ausdruck der Lebensfreude bleibt als ein zentrales Thema der
Bildgestaltung erhalten, schwingt sich aber in den jüngsten Werken zu neuen
Höhepunkten auf.
Kitzmüllers Duktus ist auf der einen Seite sachlich, ruhig und klassisch und
andererseits sehr lebendig. Darüber hinaus begeistern seine jüngsten Gemälde
durch das Spiel des Lichts sowie vermehrte Helligkeit und eine Zurücknahme
der Farbigkeit, weil der Künstler sich zunehmend der Primamalerei mit
Ölfarbe verschreibt. Gleichzeitig nehmen die Figuren weniger Raum im Bild
ein, was im Betrachter das Gefühl entspannter Weite entstehen lässt.
Aus Katalog "Anton Kitzmüller - Personale", Galerie
Szaal 2019
Unser Leben
als Menschen ist von der Evolution und einem daraus resultierenden ständigen
Wandel geprägt. Dieser vollzieht sich persönlicher wie gesellschaftlicher
Ebene oft schleichend, langsam und unbemerkt, dann wieder überraschend und
sprunghaft. Den vielfältigen Ursachen und Triebfedern von Veränderung spürt
Kitzmüller in seinen Werken nach, in denen er die Wechselwirkung von äußeren
Lebensumständen und innerer Befindlichkeit thematisiert. Die Darstellung des
Menschen im Oeuvre des Malers ist also nicht gespeist von aktuellen
Tendenzen zu einer dekorativen Neuen Figuration, sondern vermittelt vielmehr
tiefenpsychologisch deutbare Inhalte und beantwortet Fragen nach dem Sinn
unserer menschlichen Existenz.
Fünf
Hauptthemen beschäftigen Anton Kitzmüller in seiner jüngsten Werkphase: Es
ist dies zum einen das Mittel der Hommage, das der Künstler immer wieder
einsetzt, um den eigenen
Blickwinkel zu verändern, um mit Malern der österreichischen wie
internationalen Kunstgeschichte in Beziehung zu treten und ihre Bedeutung
für die Gegenwart auszuloten. Zudem sollen im Betrachter Bereitschaft und
Mut gefördert werden, sich der transformierenden
Kraft von Meisterwerken der bildenden Kunst bewusst auszusetzen und sich auf
einen Diskurs mit diesen einzulassen. Gleichzeitig erfahren aber auch die
Werke von Gustav Klimt, Egon
Schiele oder Edvard Munch eine deutliche Veränderung durch die Einbettung in
Kitzmüllers malerischen Kosmos. Die Auseinandersetzung mit René Magritte
führt darüber hinaus dazu, dass ein ganz neues Element Einzug in Kitzmüllers
Schaffen hält: Der Humor. Mit surreal anmutendem Witz lockert der Künstler
die Ernsthaftigkeit der von ihm gewählten Thematik auf und führt die
Reflexion über den Prozess der Verwandlung auf eine neue Ebene heiterer
Leichtigkeit.
Ein Hauptthema, dem sich Anton Kitzmüller seit 1992 verschrieben hat, ist
der Motivkomplex des Cafés. Allerdings sind auch hier in den neueren
Arbeiten deutliche Zeichen der Veränderung abzulesen: Waren die Gemälde
früherer Schaffensperioden gekennzeichnet von metaphysischer Leere
einerseits oder der Dominanz einer Person im Bild andererseits, so hat
nunmehr eine Synthese beider Elemente stattgefunden. Figur und Raum werden
gleichermaßen Aufmerksamkeit zuteil, sodass sich für den Betrachter mehrere
Anknüpfungspunkte für eine intellektuelle wie emotionale Beschäftigung mit
den Gemälden bieten. Mit betont inhaltlicher Sinngebung und Bezügen zur
europäischen Kulturgeschichte stellt sich Anton Kitzmüller gegen die
weitgehend sinnentrückte Beliebigkeit der Gegenwartskunst.
Auffällig
häufig begegnen wir in den jüngsten Werken des Künstlers Figuren in
Rückenansicht. Dies ermöglicht dem Betrachter, sich mit der jeweils
dargestellten Person zu identifizieren, wie diese einen neuen Blickwinkel
einzunehmen und die Schwelle zu einem neuen Lebensabschnitt zu
überschreiten. Diese Schwelle, die es im Zuge der persönlichen Metamorphose
zu überwinden gilt, wird von Kitzmüller mittels Türen, Toren, Fenstern und
Vorhängen illustriert. Sie dienen als Symbole für die Grenze zwischen Innen-
und Außenwelt und sollen uns ermutigen, unsere Lebensinhalte zu reflektieren
und gegebenenfalls neu zu bewerten, aus dem eigenen Gedankenkarussell
auszusteigen und einen Schritt in die Freiheit zu wagen.
Abschließend
ist es interessant festzustellen, dass die Gemälde Anton Kitzmüllers, obwohl
um die überaus dynamische Thematik der Verwandlung kreisend, dennoch sehr
häufig im Quadratformat gehalten sind. Dieses gilt seit seiner Verwendung
durch die Sezessionisten nicht nur als das „österreichischste“ unter den
Formaten, sondern kann vor allem als die Form der Ruhe und Ausgeglichenheit
angesehen werden. Darin lassen sich zwei Aussagen des Künstlers erkennen:
Zum einen können Transformationsprozesse nur gelingen, wenn Innenwelt und
Außenraum ausbalanciert und eigene Bedürfnisse ins Gleichgewicht gebracht
werden mit Chancen und Möglichkeiten der uns umgebenden Umwelt. Zum anderen
ist es von eminenter Bedeutung für die Sinngebung unseres Lebens, dass
Veränderung aus der Ruhe entsteht und wir dabei unseren wahren Intentionen
folgen. So kann sich unsere Persönlichkeit in individuellen
Entwicklungsschritten in der Welt manifestieren. Die Metamorphosen Anton
Kitzmüllers sollen dazu inspirieren.
Mag. Gerlinde Szaal, aus Katalog
"Anton Kitzmüller - Metamorphosen", Galerie Szaal 2014
Anton Kitzmüller entwickelte sich konsequent
zu einer eigenständigen Künstlerpersönlichkeit, deren Werk zwar durchaus der
Zeit entsprechend, aber ganz bewusst nicht dem öffentlichen Modediktat
huldigend begegnet. Der Oberflächlichkeit neuerer malerischer Modeströmungen
setzt Kitzmüller eine Einheit von Form, Inhalt und Aussage entgegen, wobei
er auch der menschlichen Figur als Ausdruck von Sinnhaftigkeit und
Spiritualität neuen Wert verleiht. In formaler Hinsicht kann Kitzmüller als
ein Brückenbauer zwischen den Zeiten gesehen werden. In seiner
vielschichtigen Lasurtechnik zeigt er sich als ein Bewahrer vergessener
Erfahrungen alter Meister und demonstriert gleichzeitig, wie man heute damit
schöpferisch und durchaus zeitgemäß umgehen kann.
Aus Kunstmagazin
"Vernissage", Galerie Szaal 2012
Schöpferische Ambivalenzen gegenüber der Zeitgenossenschaft kennzeichnen den
Maler Anton Kitzmüller. Er lässt sich keiner der gängigen Stilrichtungen
eindeutig zuordnen, bringt aber dennoch die Geisteshaltung unserer Zeit in
seismographischer Präzision zum Ausdruck. Bald nach seinen Anfängen lehnte
er den Mainstream ab und suchte, basierend auf den Techniken der alten
Meister und den Revolutionen der Klassischen Moderne, sein eigenes Form- und
Aussagewollen zu konkretisieren. Im Widerspruch zur damals herrschenden
Abstraktion widmete er sich dem Studium des Menschenbildes an Modellen,
geschult am Verismus der neuen Sachlichkeit und an der Tiefenlotung des
Seins durch den Expressionismus.
Die zeitlich folgende Rückbesinnung auf Natur und Stadtlandschaft veranlasste Kitzmüller zur Erprobung impressionistischer Mittel und eines formalen strengen Bildaufbaues mit der Zielsetzung einer poetischen realistischen Widergabe. Hinter dem künstlerischen ästhetischen Vortrag dieser Landschaftsbilder in einer von Kitzmüller bevorzugten zyklischen Werkfolge liegt aber auch ein durchgängiges spirituelles Aussagewollen: Die Natur wird zur Metapher für den Weg allen Lebens, vom Keimen über Blühen und Reifen bis zum Absterben und Wiederauferstehen. Mit betonter inhaltlicher Sinngebung stellt siech der Maler gegen die sinnentrückte Beliebigkeit der Gegenwartskunst.
Neue, den vorangegangenen Arbeiten nahezu diametrale Formmittel wendet Kitzmüller im nächsten Werkzyklus Café-Bar-Interieur an. Teile von Innenräumen treten nun and die Stelle des Außenraumes. Der Mensch scheidet daraus nach und nach aus. Ihn ersetzen Möbel als Allegorien für psychischen Leere und Kommunikationsproblematik. Als Sprachmittel für den Ausdruck zeitgenössischer Befindlichkeiten bot sich für Anton Kitzmüller stilistisch die Neue Sachlichkeit an, jedoch im Gegensatz zu dieser ausgestattet mit starken Licht- und Schattenwirkungen, sowie mit einer dem Schaffen dieses Künstlers immanenten Transzendenz. Der neu hinzugewonnene Bedeutungsgehalt, hervorgerufen durch die mythische Aura der Räume und Objekte, verbunden mit plakativen, nahezu fotorealistischen Signalen, lenkt den Blick hinter die geglättete Oberfläche und vermittelt so tiefenpsychologisch nachvollziehbare Inhalte.
Im nächsten Werkzyklus Bandoneón blieb das Thema des Innenraumes erhalten, wurde dennoch durch die Integration von symbolhaft eingesetzten Details erweitert. Neben Pflanzen und Stillleben, wie die Wiedereinbindung des Menschen, gewinnen Hommagen, wie sie Kitzmüller nennt, in Form von Bild im Bild Zitaten inhaltliche Bedeutungen. Bereits in seiner kurzen, der Wiener Schule des Phantastischen Realismus nahe stehender Anfangsphase zitierte der Künstler in dieser Weise. Womit wir am Ende der Kunstentwicklung, wie vorläufig auch des individuellen Entwicklungsprozesses von Kitzmüller an eines Work in Progress angelangt sind: Bei der Zitierfreude der Postmoderne, welche Anton Kitzmüller auf seine eigene Weise, als schon lang vor dem marktbeherrschenden Trend nicht abgeschaut, sondern als individuellen Aussagemodus entwickelt hat.
Der Gefahr voreiliger Interpretation unterliegt die aktuelle Malerei Kitzmüllers auch in einem anderen Bereich. Die Wiedereinbindung des Menschen in seine Bilder scheint ein Zugeständnis an die aktuelle Neue Figuration zu sein. Ist es aber nicht. Der Oberflächlichkeit und Geschwätzigkeit dieser neuen Mode setzt Kitzmüller die, leider schon längst nicht mehr von der Kunst geforderten Einheit von Form, Inhalt und Aussage entgegen, wobei er nunmehr auch der menschliche Figur als Vermittler von Sinnhaftigkeit und Spiritualität neuer Wert verleit.
Mit dem Werkzyklus Bandoneón ist der Künstler auch erstmals von der Verwendung realer Situationen vor Ort abgegangen, und hat sich seine eigenen Räume gebaut. Durch ihre Vergeistigung und deren Ausstrahlung auf den Betrachter sind sie zu inneren Räumen geworden, im Sinne des Erschaffens einer eigenen Bilderwelt, wie sich schon am Beginn von Kitzmüllers Schaffen als vorgegebenes Ziel stand. Sie wird nun zum Sprachmittel für humanistische und weltanschauliche Vorstellungen. In einigen dieser Bilder kommt es durch Fensterausblicke zu einer Synthese von Innenraum und Naturlandschaft, was den durch ersteren hervorgerufenen Gefühlen von Leere und Verlassenheit mit einer im Wortsinn gelegenen Aussicht auf eine mögliche Wende entgegen wirkt. Das ist zum Bild gewordene Psychoanalyse.
So gesehen ist Kitzmüller in Theorie und Praxis, stilistisch, inhaltlich und
in seinen analytischen Aussagen ein Brückenbauer zwischen Vergangenheit und
Zukunft, ein Bewahrer vergessener oder verdrängter Erfahrungen der alten
Meister, welcher in unserer Zeit demonstriert, wie man heute und in Zukunft
damit schöpferisch und durchaus zeitgemäß umgehen kann.
Dr. Maria Buchsbaum, aus Katalog
"Anton Kitzmüller - Bandoneón", 2005
Nach wechselvollen künstlerischen Phasen, die differenzierte Anlehnungen an
alte Meister aber auch an klassische Moderne brachten, entwickelte er sich
konsequent zu einer eigenständigen, kaum in ein Schema passenden
Künstlerpersönlichkeit, deren Werk uns zwar durchaus der Zeit entsprechend,
aber ganz bewusst nicht dem öffentlichen Modediktat huldigend begegnet.
Gerade deshalb zieht es seien Betrachter in den Bann. Egal ob der Figur, die
den Anfang seines Schaffens dominierte, der Landschaft, oder dem Interieur,
das gegenwärtig zu einem sehr zentralen Thema seines Schaffes wurde.
Solchermaßen ergibt sich eine abwechslungsreiche Palette an gedanklicher und
bildnerischer Umsetzung, die nicht zuletzt auch in technischer Hinsicht
vielschichtig ist. Es liegt in der Natur der Sache, dass das künstlerische
Werk schon auf Grund des notwendigen Entwicklungs- und Reifungsprozesses
strukturierungsbedürftig ist. Anton Kitzmüller hat die Jahre, die seine
ausschließliche Hinwendung zur Kunst bisher umfassten, aber zweifelsohne
dazu genutzt, eine klare Linie und sichtbare Kontinuität seines
schöpferischen Potentials zu finden und überzeugend zu dokumentieren. Will
man diesem Potential und dem daraus resultierenden Werk in seiner ganzen
Bandbreite und aufbauenden Qualität in der Interpretation gerecht werden,
ist eine Gliederung notwendig.
Das künstlerische Schaffen Anton Kitzmüllers ist offensichtlich von der Malerei geprägt, und zwar von einer Ölmischtechnik, die trotz Wandlung in der Ausdrucks- und Gestaltungsweise, vom technischen Aufbau her von allem Anfang konstant ist. Im Wechselspiel zwischen Prima- und Lasurmalerei findet der Künstler die Möglichkeit, erschaute Figur und erfahrene Form künstlerisch auszuloten. Man kann, einzelne Zwischenphasen außer Acht lassend, generell drei Hauptperioden in Kitzmüllers künstlerischen Schaffen definieren:
Der erste Abschnitt von 1986 - 1991 war zweifelsohne von der Suche nach sich selbst, von der Auseinandersetzung mit dem eigenen Ich geprägt. Im Vordergrund standen hier figurale Arbeiten, wobei praktisch alle dargestellten Personen der unmittelbaren Umgebung des Malers entstammten. Die größte Bedeutung kam wohl dem Selbstbildnis zu. Im Grunde war es die Innenwelt des Malers, die hier an die Oberfläche drängte, sich selbst formend und in der bildnerischen Umsetzung nach Bestätigung suchend. Es war die Hinterfragung der eigenen Persönlichkeit, die gerade während und unmittelbar nach der Akademiezeit Neuland betreten, sich immer wieder aufs neue behaupten, sich anpassen, auf jeden Fall aber grundlegende Richtung einschlagen musste. Bewährtes wurde zum sicheren Halt. Die Einflüsse der alten Meister, aber auch der klassischen Moderne wurden hier sichtbar, erfuhren aber besonders gegen Ende eine persönliche Aufarbeitung.
Extreme Ausrichtungen haben meist nicht weniger extreme Gegengewichte zur Folge: Nach der totalen Konzentration auf sein Inneres wurde für Anton Kitzmüller im (thematisch und umsetzungstechnisch) neuen Abschnitt als Gegenüberstellung zur bisher gemachten Erfahrung und der damit verbundenen künstlerischen Aufbereitung zum Zentrum seines Schaffens. Zwischen 1992 und 1995 machte die tiefgründige Seelen- und Ichforschung der Alltäglichkeit Platz. Das Kaffeehaus, die Welt der Medien und die daraus resultierenden modernen Mythen, werden zum breiten Themenspektrum das den Künstler fasziniert. Die erschauten, oft leeren Hüllen beherrschen die Bildinhalte und werden zu einem Synonym für eine Zeit, die der Vordergründigkeit, der Oberflächlichkeit viel abgewinnen kann. Man glaubt, was man sieht. Äußerlichkeiten und Oberflächlichkeiten gaukeln eine funktionierende, bunte und wohl auch konsumorientierte Welt vor. Eine Welt ohne Tiefgang. Der Künstler will aber stets die Dinge nur festhalten, die Dinge darstellen. Er ist der Erzähler, der das Geschen beleuchtet, ohne selbst in dieses involviert, ohne persönlich von ihm betroffen zu sein.
Die Welt des Inneren und die Welt des Äußeren, beides sehr ausschließlich in der jeweiligen Phase behandelt, kumulieren schließlich in der sich anschließend etablierenden dritten Arbeitsphase des Künstlers. Vielleicht sogar in der Erkenntnis wurzelnd, das es ein Innen ohne Außen ebenso wenig gibt wie ein Außen ohne Innen, richtet sich das Gedankengut Kitzmüllers auf die Zusammenhänge und Kausalitäten, die die Menschheit von Anbeginn ihres Seins beschäftigten. Das Ineinanderfließen von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, von Realität und Irrealität, von Materie und Energie, die unleugbare Einheit von Geist und Körper, von Mensch und Natur, von begrenztem Leben und unendlicher Zeit, von Tod und Wiedergeburt klingen in den Arbeiten ab 1996 mit, auch wenn diese, zumindest auf den ersten Blick sich in Natur und Landschaftsszenen, in Häuserzeilen und Dachlandschaften wieder findet.
Eine künstlerische Zuordnung der in diesem Schaffensabschnitt entstanden
Werke ist nur bedingt möglich, die Thematik und die in ihr offenbar
werdende, erahntes und überliefertes Wissen menschlichen Seins bergende
geistige Symbolik ist viel zu tiefschürfend und philosophisch geprägt, um
als wehmütige, Nostalgie verbreitende Romantik unter ihrem Wert geschlagen
zu werden.
Prof. Gertrude Haider-Grünwald,
aus "Grafische Kunst", Edition Curt Visel 1999
Meine Malerei beinhaltet einen dreigliedrigen Prozess: Das Erschauen eines
inneren Bildes, das handwerkliche Erarbeiten der äußeren Welt, und die
künstlerische Zuwendung zum inneren Bild.
Die Bilder entstehen im Erschauen einer tieferen Wesenheit in der äußeren
Welt. Dieses vorerst unbewusste Erkennen manifestiert sich in einem inneren
Bild, welches nicht nur auf das innere Wesen des Bildobjektes hinweist,
sondern sowohl mit meiner persönlichen Entwicklung als auch mit der
geistigen Entwicklung der Menschheit in einem allegorischen Zusammenhang
steht.
Durch einen, von der äußeren Umgebung abgetrennten Arbeitsvorgang
kann ich dieses innere Bild ins Bewusstsein heben. Bei einem ständigen
Arbeiten vor der Natur würde sich der Einblick in eine tiefere Wesenheit in
der Äußerlichkeit auflösen.
Nachdem ich Form und Struktur dieses inneren Bildes durch Skizzen in mein
Atelier transportiert habe, beginne ich nun mit der Darstellung dieser
äußeren Welt auf Leinwand. Lasurmalerei, die durch eine Vielzahl von Höhungen und Lasuren eine stetige Verdichtung erreicht, wird kombiniert mit
Primamalerei. Ein stetiger Wechsel dieser beiden grundlegenden Wege der
Malerei, ein dialektischen Zusammen- und Gegenspiel auf technischer Ebene,
das auf gegenseitige Akzeptanz von Form und Farbe, von Gemeinschaft und
Individualität ausgelegt ist.
Im künstlerischen Prozess bewegen sich die Bilder nun von der realen äußeren
Welt den inneren Bildern zu, welche nun vom Unterbewusstsein ins Bewusstsein
treten. Diesmal beginnt ein dialektisches Zusammen- und Gegenspiel auf
geistiger Ebene. Aus Katalog "Anton Kitzmüller - Die
Elegien", 1998
Die
Faszination mit den Mitteln der Malerei Erinnerungsbilder an frühere
Bilderfahrungen zu gestalten ist zentraler Motor für die künstlerische
Arbeit von Anton Kitzmüller. Seine Bilder, die in den letzten Jahren
entstanden sind, sind stets abbildhaft, also bildhafte Objektzitate.
Mag. Dr. Peter Assmann, aus Katalog Anton Kitzmüller - Petite Fleur, 1995